Montag, 26. Mai 2008

Montag ist Entscheidungstag. LOL.

Der lang ersehnte Entscheidungstag ist gekommen. So dachte ich es mir heute Morgen, als ich in die chirurgische Praxis meines Vertrauens stiefelte. Radiologischer Befund ist da, Bilder vom MRT sind da. Was auch da ist, ist ein nach vielen Aussagen eigentlich äußerst kompetenter Arzt, der mit seinem Latein am Ende ist.

Ja, Richtig, er maßt sich nicht an, zu entscheiden, welches weitere Vorgehen im Fall Kühn nun angebracht sei. Einer schlichten weiteren "Fesselungsoperation" zur Fixierung der Kniescheibe an dem Ort, wo sie eignetlich hin gehört, hält er für keine sondernlich langfristige Investition in mein Wohlbefinden. Alle weiteren in Frage kommenden Möglichkeiten sind zudem nur Spekulationen, ihre Umsetzung wird skeptisch betrachtet.

Bilanz des diesmal nur zweistündigen Praxisbesuchs: Der Medicus Nexus macht sich auf, einen Spezialisten in seinem Bekanntenkreis zu finden, der sich der Lebensaufgabe Kühn gewachsen sieht. Fortsetzung folgt. Am Mittwoch, am gleichen Ort.

Ein noch eher an Altersschwäche als durch einen kniechirurgischen Eingriff sterbender Kühn

Donnerstag, 22. Mai 2008

Fronturlaub mit Freunden

Es ist soweit! Nach 40 Tagen und weit über 3000km Strecke erreichten wir Portugal. Nun lautet die Devise für die validen 75% der Europabesteiger: Schnitzel weg und auf höchst hedone Art und Weise den lujo Jorsch keinen Meter mehr als nötig zu bewegen. Ja, wir machen Urlaub im Land von günstigen Campingplätzen und weltoffener Bevölkerung, deren Sprache wie eine Mischung aus Holländisch und Tschechisch klingt. Wir befinden uns sehr weit im Norden in Vila Praia de Âncora, kaum einen Katzenwurf von Spanien entfernt und doch ist fast alles anders. Nahezu alle Portugiesen, die wir bis jetzt kennenlernen durften, sprechen Englisch und so fällt die Kommunikation doch etwas leichter, als beim großen Nachbarn Spanien. Nicht einmal auf dem mainstreamigen Jakobsweg vermochten wir einen Iberer zu finden, der mehr verständliche englische Worte herausbrachte, als ein betrunkenes Baby aus Timbuktu. Jedenfalls lässt es sich hier gut aushalten und wir haben auch schon einige Kontakte genüpft. Da wären z.B. Marc, der Campingplatzportier und Albert aus Holland, der neben uns tollkühnen Recken die einzige Person auf diesem Zeltplatz zu sein scheint.

Unsere Tage enthalten nebem purem Nichtstun und angewandtem Rumgammelismus auch einige kreative Phasen, die sich im Dichten von Liedern, Schreiben von Kurzgeschichten oder im Verfassen von Blogeintraegen niederschlagen. Gefördert wird diese Kreativität hin und wieder durch die Zuführung von Wein in allen möglichen Farben und die fachgerechte Anwendung von Cerveja. Ganz nebenbei hat sich, seit wir von Galizien nach Portugal übersetzten, sogar das Wetter zu unserem Vorteil verändert. Während wir in den ersten 40 Tagen fast 40 Regentage hatten, ist es hier in Âncora trocken und sonnenscheinig und wir werden wahrscheinlich erst wieder mit Kackwetter konfrontiert, wenn wir die momentan okkupierten Gefilde verlassen und gen Italien aufbrechen. Genaugenommen beginnt am Samstag, dem Tag des Aufbruchs, unsere Heimreise, die uns über einige Umwege zurueck nach Hause und in die Arme der jungen Frauen führen wird, die sehnsüchtig auf uns und unsere gestählten Körper warten.

Doch genug von Gegenwart und Zukunft. Eine Frage, die sich die sieben Stammleser dieses Blogs mit Sicherheit stellen ist doch: Was ist passiert? Nun, in einem Satz zusammenfassend kann man sagen: Wir bezwangen den Jakobsweg bei Regenwetter. Insgesamt war die von uns gewählte Route recht einfach zu befahren, auch wenn seit Astorga die Berglandschaften dominieren und wir u.a. Pässe auf einer Hoehe von 1225m ü.NN passierten. Nach fünf Wochen Dauertraining entpuppte sich das alles jedoch als eine absolut lösbare Aufgabe, die eher motivierend als niederschmetternd war.

Zum Abschluss sei gesagt, dass Otti, des Russens und Ich, der mit jedem Tag durchtrainierter und begehrenswerter werdende Herrscher der Hyperbeln, Keule, sehnsüchtig auf Senhor Kühns Ergebnisse der MRT-Untersuchung warten, und hoffen, dass diese keine schlechten Ergebnisse zu Tage fördert, und so einer baldigen Komplettierung der Europabesteigungsmannschaft nichts mehr im Wege steht.

In diesem Sinne einen Gruß in die Heimat, wo ihr verwöhnten Bengels in richtigen Betten schlaft und euch jeden Tag an Muttis warmen Mahlzeiten labt.

Text und Melodie: Keule
(21. Mai, noch vor bekanntwerden der
MRT-Ergebnisse; Anm. des Kühnen)

Mittwoch, 21. Mai 2008

Weiterhin Unklarheit im Fall Kühn

Reifenstein/Heiligenstadt (epa) - Auch unmittelbar nach der lang erwarteten MRT-Untersuchung gibt es im Fall des am Europareisen gehinderten Manuel Kühn keine wirkliche Gewissheit über dessen Gesundheitszustand. Sämtliche Bänder und Sehnen im Knie seien Intakt, hieß es am Vormittag aus dem Eichsfeld Klinikum im thüringischen Reifenstein. Jedoch brachte die zwei Wochen lang erwartete Untersuchung Auffälligkeiten an der Oberflächenstruktur des Oberschenkelknochens zum Vorschein. Infolge einer beträchlich fehlpositionierten Kniescheibe, welche sich bereits vor zweieinhalb Jahren im Zuge der ersten Kühnschen Luxation offenbart hatte, sei es mittlerweile zu einem übermäßigen Knochenabrieb in der Region gekommen. Zudem diagnostizierte das behandelnde Ärzteteam eine Beschädigung des Knorpels im Kniegelenk, so ein Sprecher des Klinikums. Ob jedoch überhaupt einer der beiden festgestellten Schäden auf den Unfall vom 3. Mai zurückzuführen ist, blieb zunächst unbeantwortet. Ebenso wollte man vor Ort keine Stellung zur weiteren Behandlung des Gelenks nehmen. Diese Entscheidung wurde dem zuvor behandelnden Chirurgen zugewiesen. Zuverlässigen Quellen berichten jedoch, dass dieser erst ab kommender Woche wieder in Heiligenstadt praktizieren wird. Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen im Fall Kühn ist demnach für weitere fünf Tage vertagt worden.

Sonntag, 11. Mai 2008

Blub, Blub, Blub, Wir Machen Eine Fete..

Ja, die Ehre an der Heimatfront verteidigen. So kann man meine momentane Hauptbeschäftigung nennen. Böse Zungen, einschließlich meiner, könnten ebenso aufs Ketzerischste behaupten, ich läge hier nur zu Hause rum, tränke Bier, führe mit Mühen im Auto umher, äße den ganzen Tag Frittierstes und Schokoliertes, schaute fern bis mir belgische Pommes aus den Ohren wüchsen und beugte mein rechtes Bein nicht. Ein neutrales Gutachten zur Klärung dieser Fragestellung steht bisher noch aus.

Was ebenfalls noch aussteht, ist meine verdammte magnetresonanztomographische Untersuchung, in Fachkreisen auch MRT abgekürzt. Weit und breit, das innerhalb des Gebiets um Heiligenstadt, welches mit bepacktem Fahrrad innerhalb einer Stunde erreicht werden kann, gibt es keine Gerätschaft, die mit solchen Untersuchungen ihr täglich Brot verdient. Reifenstein lautet das Zauberwort. In jenem Eichsfeldkaff befindet sich eine solche, gar wunderliche Maschine, die mithilfe eines Magnetfeldes, das eines Lasthebeelektromagneten auf dem Schrottplatz würdig ist, meine Knieinnereien auf eventuelle Beschädigungen hin zu untersuchen im Stande ist. Doch dort gibt es ewige Wartezeiten. Bereits vergangenen Mittwoch bat ich um einen Termin.

Dieser ist - man nehme sich in Acht - am 21. Mai. Ein Heiligenstädter Chirurg entschied sich, vorher nicht Messer an das Knie anzulegen, stattdessen lediglich das Corpus Delicti zu punktieren. Wer nicht weiß, was punktieren in medizinischen Kreisen bedeutet, frage am Besten auch gar nicht nach. Denjenigen, denen jene Behandlungsmethode nicht fremd ist, wünsche ich viel Spaß bei der Vorstellung einer riesige, blutsaugenden Spritze an meinem Kniegelenk.

Nun, ich bin etwas genervt. Ich habe keine Schmerzen, jedoch eine bisher nicht als nichtig zu bezeichnende Schwellung am Knie. Ich trage einen Schiene, darf und kann entsprechend mein Bein nicht beugen. Somit kann ich natürlich auch nicht testen, inwiefern fahrradübliche Bewegungen inzwischen wieder denkbar sind. Mein nächster Arzttermin ist am kommenden Mittwoch. Anschließend darf ich noch eine weitere Woche auf die MRT-Untersuchung warten. Was danach folgt, ist ungewiss.

Worst case: Man stellt beim MRT fest, dass etwas im Knie kaputt ist. Bei diesem Szenario wären nämlich die zwei Wochen Wartezeit auf die Untersuchung für die Katz gewesen. Wiedereintritt in die Tour würde in weite Ferne rücken, wenn überhaupt daran zu denken wäre.

Nun gut, best case: die Radiologen geben Thumbs Up nach dem MRT, ich kann langsam zurück ins Business. Die früheste denkbare Rückkehr ins Geschehen ist demnach die letzte Maiwoche. Es könnte also selbst im bestmöglichen Fall knapp werden mit dem Einfall in portugiesische Gefilde. Tendenz geht eher in Richtung Madrid. Wohl aber unter dem Aspekt, dass keine Operation notwendig ist, wie die Herrn Chirurgen in Baskenland und Eichsfeld es vermuten.

Wehe, wenn sie im Unrecht sind. Gott würde sie töten, da bin ich sicher. Der Geist der Tour hielte zudem seine Sense, dies steht ebenso wenig zur Debatte.

Interna:

Jungens, macht langsam. Labet euch reichlich an einheimischem und importierem Weine, einschließlich sämtlicher Branntweine, Biere nach Reinheitsgebot und diesem widersprechend, Liköre, Schaumweine und alkoholhaltige Mischgetränke jedweder Art. Macht Ruhetage wenn es warm ist, damit ihr nicht überhitzt. Macht Ruhetage wenn es kalt ist, damit ihr nicht unterkühlt. Macht Ruhetage wenn es gar wunderbar zu fahren ist, einfach um zu zeigen, dass ihr es nicht nötig habt, gute Bedingungen zum Radeln zu nutzen. Macht zudem Ruhetage, um mir eine möglichst große Resteuropastrecke aufzubürden. Ich möchte nicht als euer Almosen eine kurze Tour zu Ende fahren müssen. Jenes Geschenk will ich ebenso wenig wie ihr es mir gönnt.

Herzlichst,
Kühn des Todes.

Ach übrigens, Monsieur le Russien, diese verfluchten Zigeuner, über die wir neulich sprachen, nennen sich "Jenische". Des Weiteren, Otti des Wachwerdefurzes, sprach ich mit deiner geliebten laurischen Schwester, deren Geist ob falschen Umgangs noch nicht vollständig verrostet und verstaubt ist. Zudem, Gebruder Keulmann, habe ich dir nichts zu sagen. Das Eichsfeld stinkt. Lasst euch hier bloß nie wieder blicken. Ich hoffe, ich komm noch mit der letzten Maschine raus.

CAMINO LUJO

Kühn ist tot, es lebe die Europabesteigung. Otti, Keule und ich, meines Zeichens der Russä, haben jetzt die nächste Phase des fragwürdigen Unterfangens "Überflute Europa mit deutscher Dekandenz" eingeleitet - wir sind auf dem populären, populistischen und pilgerüberfluteten Jakobsweg.

Nach Kühns Ableben brauchten wir drei Tage, um nach Burgos zu gelangen. Dort kreuzte sich unser Weg mit dem Camino Franco. In dieser lustigen Stadt wählten wir für unsere Nächtigung ein überfuelltes "Refugio" ohne Küche. Für drei Euro wurden wir um 22.30 Uhr in einer Holzhütte mit vergitterten Fenstern und 40 Fremden für die Nacht abgesperrt und um 6.30 Uhr zwangsgeweckt. Unerträglich für luxusverwöhnte Langschläfer wie uns. Vor allem, weil das Wetter nicht mehr so heiß ist, dass lange Sonnenüberdauerungsmittagspausen vonnöten wären.

Zum Thema Luxus muss ich noch sagen, dass das spanische Wort dafür - "lujo" - sich in unserem Sprachgebrauch regster Beliebtheit erfreut. Wir nutzten diese Vokabel auch dazu, die von uns befahrene Variation des Jakobspilgerwegs zu taufen. CAMINO LUJO. Der Camino Lujo verläuft nahezu parallel zum Camino Franco, geht aber nicht durch Berge und Pampa, sondern immer schön an kaum befahrenen Bundesstraßen ohne nennenswerte Steigungen entlang. Lujo halt, entspannt und lässig.

Die letzten zwei Nächte überdauerten wir in dem Kuhkaff Castrotierra zwischen Sahagun und Manillas de las Mulas. Der Regen zwang uns dazu, einen Ruhetag einzulegen. Sonst wäre beim Abbau des Zelts dieses völlig durchnässt gewesen. Überlebten wir aber alles vorbildlich. Soweit wir es einsehen können, liegen wir auch gut im Zeitplan. In 4 Tagen wird Santiago genommen.

In der postkühnschen Zeit stieg die Nutzung des Gezelts rapide. Niemand ist schuld, außer der Jakobspilger, welche mit ihrer Zahl den besonderen Status unserer Tour ausdünnen und katholische Pfarrer unwillig machen, uns in ihre Presbytereien einkehren zu lassen. So in Vitoria, wo wir 5 Pfaffen fanden, aber keiner Platz für oder Lust auf uns hatte.

Wir ziehen munter weiter und schicken Grüße an den kynischen Kühn, welcher unsere Ehre derzeit an der Heimatfront verteidigt.

Friede den Titten, Krieg den Verletzten,

Der russische Russe.

Montag, 5. Mai 2008

Ryanair 4457, Biarritz to Frankfurt-Hahn.

Vorgestern Abend fiel mir, dem Tourchef Manuel, auf, dass ich zu Beginn unserer Reise vor lauter Aufregung meinen Teddy zu Hause vergessen hab. Dieser Zustand ist, seitdem ich ihn festgestellt habe, für mich absolut inakzeptabel. Es ist mir nicht mögilch, ein weiteres Mal in diesem ach so furcherregenden Europa ruhig einzuschlafen, ohne meinen Teddy im Arm zu halten. Und so ließ ich mir eine diabolische Geschichte einfallen.

Am Tag, beziehungsweise Abend, der vor dem gestrigen stattfand, war ich mit dem Russen noch ein wenig unterwegs, während die anderen beiden Halunken bereits schliefen. Wir trafen die örtliche Jugend, kommunizierten und tranken ein wenig mit ihnen. Ich fingierte daraufhin einen kleinen Unfall mit meinem Knie, tat so, als sei die Kniescheibe heraus und wieder rein gesprungen. Ich humpelte zu meinem Schlafplatz, verbrachte dort die Nacht.

Gestern Morgen verkündete ich dann lauthals, ich könne nicht Fahrrad fahren an diesem Tag, müsste stattdessen einen Arzt aufsuchen. Ein freundlicher Mann fuhr mich und Keule ins etwa fünfzehn Kilometer von hier, Andoain, entfernte Krankenhaus nach San Sebastian, bzw. Donostia, wie die Basken die Stadt nennen. Dort stellte man doch tatsächlich eine Patellaluxation (Kniescheibenrausspringdingens) fest. Behandlung: Keine OP, stattdessen ein entzündungshemmendes Medikament und Ruhe. Sieben bis zehn Tage so wenig wie möglich laufen, verkündete man mir. An Radeln sei schon gar nicht zu denken.

Mein Plan ging also auf. Ich suchte gestern Abend einen Flug heraus, der mich morgen mitsamt Gepäck zurück nach Deutschland bringt. Ryanair 4457, Abflug um 13.20 Uhr, Landung gegen 15.15 Uhr. Während die anderen Jungs in den kommenden Tagen fleißig die spanische Hochebene erklimmen und den Jakobsweg entlang radeln, werde ich also zu Hause gemütlich meinen Teddy abholen. Je nach Lust und Laune werde ich dann, in hoffentlich nicht allzu ferner Zeit, wieder zurück zu Gruppe stoßen können.

Eine zweite Diagnose in Deutschland wird folgen, danach wird das weitere Vorgehen entschieden. So leicht kommen die drei Racker mich nicht davon. Ohne mich sind sie ja so hilflos.


Es grüßt aus der absoluten Einsamkeit der baskischen Kleinstadt Andoain,

ein kühner Manuel, der am fünften Tage des Monats Mai, im Jahre des Herrn Zweitausendundacht, gerade als die Sonne am höchsten stand, von seinen drei Kameraden hier zurückgelassen wurde, und seither den Tag mit Lesen und Schreiben in der spanischen Frühlingssonne verbringen musste. Was die anderen wohl gerade tun, weiß nur der Wind. Und der verrät es mir nicht. Vielleicht weißt mein Taxifahrer mehr, der mich moren um halb zehn hier abholt.

Nachtrag: Halb Frankreich ist durchquert - Ruhetag in Blois

Artikel vom 25. April, ebenfalls bereits erschienen im TLZ-Blog, nun auch hier:

Deutschland ist Geschichte. Nach kurzen Abstechern ins Großherzogtum Luxemburg und nach Belgien, das seine berühmten Pommes erst nach 17.30 Uhr feilbietet, sind wir vor einigen Tagen in Frankreich eingetroffen. Die Gegebenheiten im hügeligen Luxemburg veranlassten uns kürzlich dazu, eine Nacht in einer überteuerten, obgleich nicht sonderlich luxeriösen Jugendherberge zu verbringen. Am Tag darauf durchquerten wir auf einer Strecke von wenigen Kilometern Belgien. Wir hatten uns vorgenommen, während der kurzen Zeit in der Grenzregion zumindest die weltberühmten Kartoffelstäbchen der Wallonen zu verköstigen. Doch an sämtlichen Imbissbuden stießen wir am frühen Nachmittag auf verschlossene Türen.

Und so überquerten wir hungrig die Grenze zu Frankreich, um uns dort durch die nördlichen Ausläufer der Ardennen zu kämpfen. Nachdem wir an diesem Tag zum ersten Mal das Vergnügen hatten, unser Zelt aufzuschlagen, nächtigten wir am Tag darauf in Verdun, populär durch seine historische Bedeutung als Schlachtfeld des Ersten Weltkriegs. Von dort aus setzten wir unsere Reise gen Westen fort, fuhren - auf der Karte betrachtet - unten an Paris vorbei. Inzwischen, nach 16 Tagen, haben wir die Stadt Blois in Zentralfrankreich erreicht. Hier verbringen wir heute unseren ersten wirklichen Ruhetag, den wir mit Wäschewaschen, Einkaufen und Herumliegen verbringen. Gerade leeren wir ein 5-Liter-Fässchen französischen Rotweins. Doch schon morgen wollen wir ein Aufbrechen in Richtung Bordeaux wagen, das wir in ein paar Tagen erreichen wollen.

Seit gestern genießen wir zudem schönstes Sommerwetter. Die zunächst fast täglich benutzten Regensachen konnten somit vorerst in der Tasche verschwinden. Die Prognosen für die kommenden Tage verheißen Ähnliches. So kann uns im Folgenden eigentlich nur ein technisches Problem in die Quere kommen. So bereits geschehen in Trier, als eine Felge an der Masse unseres Gepäcks zugrunde ging und unsere Planung einen ganzen Tag zurückwarf. Mit einer 70-Euro-Hightech-Felge ausgestattet, reiten wir also nun mit immer strammer werdenden Waden der spanischen Grenze entgegen.

Nachtrag: Luxemburg in greifbarer Nähe

Artikel vom 14. April, bereits erschienen im TLZ-Blog, aus Zeitgründen leider erst jetzt hier:

Sechs Tage sind vorüber, die ersten 500 Kilometer überwunden. Bei Dämmerung überquerten wir in Koblenz den Rhein, um uns in einem Wohnheim des Brüderkrankenhauses niederzulassen. Es war nicht die erste Nacht in beheizten vier Wänden.

Genau genommen haben wir unser Zelt bislang nicht ein einziges Mal aufgeschlagen. Das würde sich bei diesem regnierischen Wetter auch nicht anbieten. Mehrfach gewährten uns evangelische und kathoilsche Kirchen Unterschlupf. Auch die ansässige Bevölkerung war weitgehend hilfsbereit. So hätte am Sonntag eine Panne unseren Tagesplan beinahe zum Erliegen gebracht. Dank tatkräftiger Unterstützung der Menschen konnte ein defekter Tretarm jedoch mehrfach provisorisch repariert werden, sodass wir Koblenz schließlich zu erreichen vermochten.

Am Montag besuchten wir das Deutsche Ecke, wo sich Rhein und Mosel vereinigen. Letzerer der beiden Ströme wird von einem wundervoll ausgebauten Radweg flankiert, auf dem wir den heutigen Tag verbrachten. Gelandet sind wir in Alf, einer touristisch geprägten Ortschaft inmitten der Moselweinberge.

Die Motivation ist nach wie vor ungebrochen, die Leiber überraschenderweise kaum geschunden. So brechen wir morgen auf, um Trier zu erreichen. Schon bald werden wir die deutschen Landen verlassen und in die Weiten Europas vorstoßen.


EDIT: Foto wird in Kürze nachgereicht.

Sonntag, 4. Mai 2008

¡Buenos Dias, Matthias!

Was haben wir nicht schon alles erreicht in den letzten Wochen. Wir verließen Deutschland. Überlebten Luxemburg. Betraten die belgischen Lande für bestimmt eine halbe Stunde, nur um festzustellen, dass die Frittenbuden für uns ungünstige Öffnungszeiten hegen und wir somit nicht in den Genuss original wallonischer Fritten kommen konnten.

Wir schliefen in Verdun und schrammten vorbei an Städten wie Paris, Tours, Orléans und Poitiers. Uns traf das Schicksal eines großartigen Wetters, als wir Blois verließen und bald Bordeaux erreichten. Jetzt kann all dies zur Vergangenheit gezählt werden, genauso wie die Feldzüge der Mongolen oder der Taiping-Aufstand. Frankreich ist fürs Erste durch. Willkommen in Spanien, Pack.

Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen. Es war nämlich gestern. Wir radelten über die französisch-spanische Grenze und gelangten an die iberische Seite der baskischen Landen. Eine Frage von wenigen Kilometern, die unsere Enttäuschung ob der französischen Frauenwelt begeisternd beantwortete und uns in einem Regen des nicht verfügbaren Dosenfraß stehen ließ. Die Sonne nahm ihre Rolle als Wärmequelle wahr und begrüßte uns mit bis zu 38 Grad im raren Schatten. Als Reaktion ward die Große Mittagspause eingeführt, welche sich zwischen 12 und 16 Uhr erstreckt und unsere empfindlichen Teutonenköppe vor der südländischen Sonne wahrt.
Die erste Übernachtung in Spanisch-Baskistan genossen wir, tourtechnisch traditionell, in einem Pfarrhaus. Die Bedingungen boten genug Genehmes, sodass ich, der Russe, und der werte Herr Kühn uns herniederliessen, um mit der einheimischen Jugend einen zu saufen. So wurde mit den jungen Spünden Baskiens Cola-Wein verzohren.

Das Vergnügen des geselligen Kontakts mit den Eingeborenen ward verdorben ob eines Malheurs seitens Herrn Kühns. Eine Körperpanne, sozusagen. Kühns Kniescheibe entschied sich, die Fassung zu verlassen und innerhalb des Beins auf Erkundungsreise zu gehen. Als Ergebnis ist der jute Manuel für die naechsten Wochen außer des Gefechts gesetzt und wird seine Genesung innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik feiern. Dann, so der Plan, wird er sich wieder zu unserer Runde gesellen, welche in der Zwischenzeit den Weg gen portugiesischer Atlantikküste fortsetzen wird.

Es gruessen euch die Todgeweihten (Otti, el Ruso, Krueppelkühn, Keuler),
Cerveza, Adios.

(by Dä Russä)