Freitag, 27. Juni 2008

Der Manpower Express erreicht den Delta-Quadranten

Welt, Kühn, Eichsfeld, Mimmo und alle interessierten Blogverfolger - es ist vorbei. Diese greissliche, ekelhafte Halbinsel des Iberen liegt hinter uns, tot und ausgeblutet, besiegt vom glorreichen MANPOWER EXPRESS. Das sind übrigens wir drei. In den letzten Wochen haben wir uns angewöhnt, dieses südpyrenäische Gräuel als die "Bastogne" zu bezeichnen. In "Band of Brothers" war das nämlich die Gegend, wo die Easy-Kompanie von Kälte, Hunger, Munitionsmangel, Krankheit und Furz und Scheisse heimgesucht wurde. Genau wie wir.
Madrid. Die Stadtmitte sahen wir nie, wir bewegten uns stets in Vororten wie Getafe, Mostoles oder Alcorcon. Und das taten wir über drei Tage. Grund: Keules bereits erwähnte Arschmäntel. Alles explodierte in einem gigantischen Clusterfuck und wir schoben uns mehrere Dutzend Kilometer zusammen, auf der Suche nach einem Fahrradladen mit der richtigen Mantelgröße.
In diesen Tagen entwickelten wir eine neue Taktik, um mit Problemsituationen umzugehen - finden wir mal keinen Platz zum Schlafen, gehen wir einfach saufen. Die ganze Nacht. Hat sich bis jetzt bewährt.
Für eine Stadt madrider Größe ist das Sortiment in den Läden echt ein Haufen Nichts. So stellen wir uns sozialistische Mangelwirtschaft vor. Erst in einem monumentalen Gigantischladen am dritten Tag fanden wir die nötigen Fahrradteile. Dann zogen wir endlich raus aus der spanischen Hauptscheisse, mit Valencia im Visier.
Für etwa zwei oder drei Tage.
Dann ging mein Mantel flöten. Als ob ich die Tage davor nicht schon genug gestraft war mit erheblichem Dünnschiss. Dazu möchte ich aus den gesammelten Werken des großen Otti zitieren: "Furzen ist ja schon lustig. Aber Durchfall ist die höchste Komödie."
Bis Valencia konnten auch diese Hürden genommen werden; ich scheiße nicht mehr dünn (und grün) und der Mantel ist ersetzt. Seitdem hat auch der Regen aufgehört, dafür brennt die Sonne wie meine Poperze nachts im Zelt. Am Mittelmeer verbrachten wir mehrere Tage in Wasser und Ruhe, sahen Fußball, führten Konversation mit barbusigen Strandmädchen und bekamen Mittelohrentzündungen. Letzteres Vergnügen blieb aber allein Otti vorbehalten. Er hat sich dieses Laster inzwischen fast wieder abgewöhnt. Fast.
Dann wär es über Barcelona, die Küste entlang, immer schön flach nach Frankreich zurück gegangen. Aber solch niedere Spielchen treibt der MANPOWER EXPRESS nicht. Wir peitschten über mörderische Paesse quer durchs Gebirge und kämpften uns gestern erneut über die Pyrenäen, zurück ins Land der Unbegrenzten Dosenravioli.
Das Stück, was wir jetzt noch zu fahren haben, nennt sich Delta-Quadrant. Leute, die damals "Voyager" geguckt haben, werden wissen, warum. Es ist der Heimweg, Mann. Screw you guys. We're going home.
An unseren Rädern klebt jetzt das Blut von etwas über 5000 Kilometern. Damit liegen wir übrigens eine Woche vor dem ursprünglichen Zeitplan. Nimm das, Krüppelkniekühn mit deiner Luschenplanung.
Friede den Schnitten, Krieg den Zerfetzten,
Der Russe. Auch Grüße vom anderen unwichtigen Pack. Was zusammen übrigens formt den MANPOWER EXPRESS.

Sonntag, 8. Juni 2008

Knie des Todes - Hopp Schwiiz!

Es ist mal wieder Zeit, neueste Erkenntnisse aus der kühnschen Knieforschung zu veröffentlichen. Mein Chirurg des Vertrauens sah sich unlängst wie versprochen nach einem ausgewiesenen Fachmann für meine Sorgen um. Er wurde fündig, sandte mich zu einem Spezialisten in die Landeshauptstadt. Ich bekam dort einen Termin, bereits am nächsten Tag. Normalerweise wartet man darauf etwa einen Monat, so wurde es mir aus gut informierten Kreisen zugetragen.

In Erfurt hatte man sich nach einem Blick auf die MRT-Bilder schnell entschieden. Es gäbe zwei Möglichkeiten, fortzufahren. Entweder, man tut gar nichts und nimmt weitere Luxationen hin oder man entscheidet sich zur Durchführung einer neuen, hochqualitativen Operationsmethode, die erst seit wenigen Jahren eingesetzt wird und einen deutlich verbesserten Halt für die Kniescheibe verspricht. Das Negative an dieser Möglichkeit ist die Genesungsdauer. Mindestens vier Wochen muss im Anschluss mit Krücken gelaufen werden, erst nach einem Vierteljahr sei die Behandlung abgeschlossen.

Nungut, um die Knie noch für einige Jahrzehnte mehr oder minder funktionstüchtig zu halten, ist die Operation wohl unumgänglich, weswegen ich mir für sie entschied. Jedoch fand sich vor Juli kein freier Termin mehr. Diesen einen konnte ich schon nur durch die Bemühungen des Heiligenstädter Chirurgen ergattern. Den zunächst vorgeschlagenen Termin im August - nach dem Ende der Europatour - konnte ich aus studientechnischen Gründen nich annehmen. Die Zeitspanne zwischen OP und Studium wäre zu klein, um in diese noch Wohnungssuche, Umzug und alles weitere Notwendige krückenfrei zu quetschen.

Das Fahrradfahren erlaubte man mir in Erfurt für die Zeit vor der Operation. Jedoch sollte ich insbesondere beim Auf- und Absteigen vom Rad aufpassen, dass ich mein Knie nicht verdrehe. Ich begann zu Hause zu rechnen, wieviel Zeit mir zum Strampeln durch die europäischen Landen bliebe. Mir stand ein Zeitraum von etwa fünf Wochen zur Verfügung, nicht allzu viel also. Ich hätte demnach aus der Grenzregion zwischen Frankreich und Italien wieder nach Hause fliegen müssen. Dies bedeutet, schon wenige Tage nach dem Wiederbeginn erste Gedanken über die Rückreise im Kopf zu haben, da selbstverständlich stets exakt geplant werden müsste, um an einem Tag X exakt an einem Flughafen Y anzukommen, um zurück zu fliegen. Knapp 400 Euro hätten Hin- und Rückreise zudem gekostet. Außerdem war meine Kondition nach vier Wochen des Nichtstuens natürlich wieder gegen Null. Insbesondere das rechte Bein war und ist äußerst geschwächt.

Ich überlegte also hin und her, suchte schließlich nach alternativen Möglichkeiten zum Zeitvertreib für die kommenden Wochen. Ich wurde fündig - in der Schweiz. Gestern ging es dort los mit der Fußball-EM. Ich hab demnach beschlossen, kurzfristig dort hin zu reisen und ein paar Tage oder Wochen ebenda zu verbringen. Zunächst werde ich morgen früh nach Bern fahren, dort in einem FanCamp residieren. Was ich danach mache, wird sich zeigen. Stadion-Tickets hab ich keine. Bei eBay bieten Menschen dreistellige Beträge für eine solche Karte, zum Teil sogar vierstellige.

Die Europäer passierten inzwischen Madrid. Dies entnahm ich fernmelderischen Botschaften. Näheres wird hier veröffentlicht. Im zivilisierten Schweizerland werde ich sicher ab und an auf das Internetz zugreifen können.

Wenn mir danach ist, werde ich neben der Schweiz mal einen Abstecher ins Fürstentum Liechtenstein machen. Dann können wir diese beiden Länder noch halb zu den Europatournationen dazurechnen ;)

Ein wieder komplett lauffähiger Kühn - vorerst.

Mittwoch, 4. Juni 2008

Alarm fuer des Russens Cobra 11 - Die Autobahnpolizisten

Cobras sind was geiles, vor allem als Fahrrad. Mein gutes, schnittiges Cobra hat die letzten nunmehr 56 Tage Tour ohne jegliche Pannen überstanden. In Lugo hab ich meinen hinteren Mantel gewechselt, weil der heruntergefahren war, aber das ist ja normaler Verschleiß. Otti hatte aber bereits seine blöden Tretarme kaputtgemacht, und heute musste er sich wieder neue Pedale kaufen, weil die locker waren. Und Keule... ja, der Keule.

Sein Hinterreifen hatte ja immer die Angewohnheit, Schläuche zu zerstören. 3 oder 4 Mal musste man flicken oder wechseln. Der Verdacht kam auf, dass der Mantel schlecht sei, zu dünn. Einige Kilometer vor Castelo Melhor (Portugal) wurde dann der Beweis für diese Theorie sichtbar - der Mantel war gerissen. Wir konnten 15 km weiterreiten, dann explodierte der Schlauch und unsere Helden waren gezwungen, in die nächste Stadt zu schieben. Problematisch bei dieser Panne war, dass in Portugal Keules Mantelformat anscheinend nicht existiert. In dieser ominösen "nächsten Stadt" gab es zwar Fahrradläden, aber nichts Passendes.

Abends flickte Otti den Mantel mit Nadel und Faden. Den ganzen Tag war vor Stolz und Selbstbeweihräucherung seinerseits keine Rettung mehr: das Produkt seiner Fertigkeit riss zwar irgendwann ein wenig auf, brachte uns aber fast 40 km weit bis nach Vilar Formosa an der Grenze zu Spanien. Seit diesem erfrischend touristengerechten Örtchen reist Keule am Vorderreifen mit Rennradmantel und -schlauch. Was anderes gab es in der Groesse nicht. Hält bisher aber sehr gut.

Jetzt sind wir wieder einige Tage in Spanien, haben Avila erreicht. Auch hier kein passender Mantel. Was soll's. Schauen wir halt in Madrid oder Valencia.

Ich nenne Vilar Formosa erfrischend touristenfreundlich, da die letzten Tage in Portugal uns durch bergiges Gelände mit steppiger Vegetation führten, wo die einzigen höheren Lebewesen pick-up-fahrende, arme Bauern und wilde Hunde waren. Letztere bellen gerne, präsentieren ihre hungergeformten Rippen und verfolgen dich dann mit all ihren unterernährten Freunden, bis ein Auto sie von der Fahrbahn scheucht. Spanien ist lässiger. Ohne wilder Hunde.

Allerdings wird es auch hier nicht langweilig. Wir wollten aus Ciudad Rodrigo nach Salamanca fahren, aber der Weg zur Nationalstrasse in die Richtung war nicht gescheit ausgeschildert, sodass wir auf die Autobahn kamen. Bei der Auffahrt waren Fahrräder nicht explizit verboten, also warum nicht. Die heilige Dreifaltigkeit der Europabesteiger befuhr die Autovia für etwa 10 km, bis sie an einer Raststätte von einem Polizisten aufgehalten wurde. Dieser erklärte auf spanisch mit gelegentlichen Englischeinwürfen, dass Fahrräder auf der Autovia nichts verloren hätten (wir wissen aber, dass das nicht immer wahr ist) und dass die Nationalstraße parallel verläuft. Der Mann war so gut, uns nicht mit Geldstrafen zu belasten, gebot uns aber, die Autbahn bei der nächsten Ausfahrt zu verlassen.

Wir taten dies. Und direkt am Kreisverkehr, der uns schließlich zur eigentlich geplanten Nationalstrasse führte, warteten die Kollegen unseres Polizisten und prüften genau, ob wir die Autovia auch wirklich verließen. Aber warum in aller Welt sollten wir auf einer mehrspurigen Autobahn strampeln, wenn genau parallel eine gänzlich unbenutzte Bundesstraße langführt?

Und heute haben wir wieder einmal Kontakt mit den lokalen Behörden aufgenommen. Wir saßen auf einer Bank und warteten, bis die avilanischen Läden endlich aus dieser absurden Mittagspause gingen, da kamen eine Frau und ein Mann in Uniform und wollten unsere Ausweise sehen. Wir bekamen die Dokumente wieder, nachdem der Kerl unsere Namen durch Funk durchgegeben hatte. "Was something wrong?", fragte Otti anschließend, und die Frau verneinte. Wahrscheinlich waren sie einfach neugierig. Vielleicht hatten auch vor 4 Tagen drei deutsche Fernradfahrer einen Schnapsladen überfallen und ein paar Leute abgeknallt. Waren aber wohl nicht wir. Ehrlich nicht.

So. Übermorgen wollen wir in Madrid sein und dann irgendwie zusehen, wie wir nach Valencia kommen. Der direkte Weg scheint nämlich nur über Autobahn zu verlaufen. Und wer es noch nicht weiß, wir wollten ja über Abrantes fahren, haben unseren Aufenthalt in Portugal aber gekürzt, um ein paar Berge mehr mitzunehmen. So sind wir halt, schlagen Haken wie die Hasen, haben aber dafür viel-viel längere Genitalien als diese dummen Nager.

Gruß an die Heimat, macht weiter gute Wurst, ehrt euer Brot und fahrt euch nicht so tot,

DER Russe.