Sonntag, 11. Mai 2008

CAMINO LUJO

Kühn ist tot, es lebe die Europabesteigung. Otti, Keule und ich, meines Zeichens der Russä, haben jetzt die nächste Phase des fragwürdigen Unterfangens "Überflute Europa mit deutscher Dekandenz" eingeleitet - wir sind auf dem populären, populistischen und pilgerüberfluteten Jakobsweg.

Nach Kühns Ableben brauchten wir drei Tage, um nach Burgos zu gelangen. Dort kreuzte sich unser Weg mit dem Camino Franco. In dieser lustigen Stadt wählten wir für unsere Nächtigung ein überfuelltes "Refugio" ohne Küche. Für drei Euro wurden wir um 22.30 Uhr in einer Holzhütte mit vergitterten Fenstern und 40 Fremden für die Nacht abgesperrt und um 6.30 Uhr zwangsgeweckt. Unerträglich für luxusverwöhnte Langschläfer wie uns. Vor allem, weil das Wetter nicht mehr so heiß ist, dass lange Sonnenüberdauerungsmittagspausen vonnöten wären.

Zum Thema Luxus muss ich noch sagen, dass das spanische Wort dafür - "lujo" - sich in unserem Sprachgebrauch regster Beliebtheit erfreut. Wir nutzten diese Vokabel auch dazu, die von uns befahrene Variation des Jakobspilgerwegs zu taufen. CAMINO LUJO. Der Camino Lujo verläuft nahezu parallel zum Camino Franco, geht aber nicht durch Berge und Pampa, sondern immer schön an kaum befahrenen Bundesstraßen ohne nennenswerte Steigungen entlang. Lujo halt, entspannt und lässig.

Die letzten zwei Nächte überdauerten wir in dem Kuhkaff Castrotierra zwischen Sahagun und Manillas de las Mulas. Der Regen zwang uns dazu, einen Ruhetag einzulegen. Sonst wäre beim Abbau des Zelts dieses völlig durchnässt gewesen. Überlebten wir aber alles vorbildlich. Soweit wir es einsehen können, liegen wir auch gut im Zeitplan. In 4 Tagen wird Santiago genommen.

In der postkühnschen Zeit stieg die Nutzung des Gezelts rapide. Niemand ist schuld, außer der Jakobspilger, welche mit ihrer Zahl den besonderen Status unserer Tour ausdünnen und katholische Pfarrer unwillig machen, uns in ihre Presbytereien einkehren zu lassen. So in Vitoria, wo wir 5 Pfaffen fanden, aber keiner Platz für oder Lust auf uns hatte.

Wir ziehen munter weiter und schicken Grüße an den kynischen Kühn, welcher unsere Ehre derzeit an der Heimatfront verteidigt.

Friede den Titten, Krieg den Verletzten,

Der russische Russe.

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